Die Alte Post in Loquard erzählt ihre Geschichte
Moin, ich bin die alte Post in Loquard und ich werde Euch hier meine Geschichte bis in die heutige Zeit erzählen.
Es ist eine lange Geschichte und sie beginnt im Jahr 1768.
Das sind stramme 246 Jahre ostfriesischer Geschichte - Zeiten in denen es hier an der Nordsee noch ganz anders zuging als heute.
Mein erster Besitzer hieß Aylt Janßen.
Der vererbte oder verkaufte das Haus 1803 an Reints Dirks.
Ab 1845 ist das Haus im Besitz von Jan Jürgen Neef.
Ab 1856 hießt der Eigentümer Harm Ohmen Ihmels.
Geschichte eines Baudenkmals Gasthof "zur Post" später "Haus Mennenga"
Der 1746 erbaute kleine Gulfhof mit dreiräumigem Wohnbereich und Upkammer erscheint 1873 in der Gemarkungskarte von Loquard und nennt den Gastwirt Johann Gerhard Sassen, als Eigentümer. Hier wird dann auch die Scheune erstmalig erwähnt.
J.J.Sassen vererbt das Haus 1889 an Hermann Sassen, der 1890 den Saal erbaut.
Ab 1900 führt der Gastwirt Herman Saßen mit seiner Ehefrau Rendske, geb. Mark den Gasthof »Zur Post« und das Postamt. Im Jahre 1901 entstehen auf dem Grundstück eine Kegelbahn und ein Wiegeschuppen. Der Wiegeschuppen diente dem Handel mit Vieh.
Von 1900 bis 1930 wird die Postagentur erwähnt. In einer anderen Quelle findet sich der Hinweis, das es bereits 1880 eine Post und Telefonstation in Loquard gab. Zu der Zeit wurde die Post noch mit Pferd und Wagen befördert. Die Post befand sich im östlichen Gebäudeteil am Übergang zur Scheune und hatte ein Schiebefenster. Im selben Raum befand sich ein Ausschank für Arbeiter, die den östlichen Eingang benutzten. Der südliche Eingang zur Gaststätte war den Bauern und Bürgern vorbehalten, denn in dieser Zeit galt strikte Klassentrennung.
1909 am 27. April übernehmen Gretus Mennenga ( von Beruf Postagent) und seine Ehefrau Ani, geb. Cammenga die Gastwirtschaft. Im selben Jahr werden das südliche Portal( Kapellchen) und der nordöstliche Stallanbau hinzugefügt. Der Wiegeschuppen verschwindet 1920 und die Kegelbahn existiert seit 1937 nicht mehr. Der Gasthof bietet drei Fremdenzimmer an. Zur Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage erweitert Mennenga die Postagentur um einen Kolonialwarenladen und betreibt einen Futterhandel.
Vor 1927 muss die Gaststätte auch einmal "Gasthof zur Linde" geheißen haben, das geht aus dem Bier Kontobuch der Haake Beck Brauerei von 1942/43 hervor. Noch heute stehen vier Denkmal geschütze Kopflinden an der Südseite, doch auch auf der Ostseite müssen einmal Linden gestanden haben.
Anno 1900 Gast und Schankwirtschaft mit Postagentur
Anno 1920 eine Postkarte des Gasthof zur Post Loquard
Aus einer Postkarte geht hervor das im Jahre 1927 ein J. Glasbania die Wirtschaft unter dem Namen "Gasthof zur Post" mit "Saal und Orchestrion" geführt hat. Hierzu fand man jedoch keine weiteren Unterlagen. Hier zeigt sich jedoch historisch, das der Eigentümer nicht unbedingt der Nutzer war. Gretus Mennenga hat in dieser Zeit nur die Postagentur geführt.
Für den Gasthof hab es häufige Wechsel der Eigentümer und Pachtverhälnisse.Dieses ergibt sich aus den wirtschaftlichen Auf- und Ab der Geschichte der Marsch,sowie den im laufe der Jahrhunderte stattfindenden Sturmfluten. Fluten die oftmals das Werk mehrere Generationen zerstörte und im nach hinein für jahrelange Mißernten sorgte. Bis vor wenigen Jahrzehnten waren die Höfe in der Krummhörn zu 80% Pachthöfe und zu 20% Eigentumshöfe.
1969 übernimmt Tochter Margarethe Mennenga den Familienbetrieb.
1982 am 27. April feiert sie das 75-jährige Bestehen des Gasthofes.
1991 stirbt Margarethe Mennenga mit 79 Jahren in einem Emder Altenheim.
Anno 1992 - Gemeinde Krummhörn kauft das Denkmal
1992 Kauf durch die Gemeinde Krummhörn
1993 Gründung des KHL (Kultur- und Heimatverein Loquard)
Die Scheune steht noch! (siehe Foto der Ostfriesenzeitung vom 26. Januar 1993, Foto Lasch)
2001 Auflösung des Kultur- und Heimatverein Loquard
Anno 2003 die Gulfscheune stürzt ein
Scheune endgültig mit lautem Getöse zusammengebrochen
2003 im März stürzt der ehemalige Scheunentrakt des kleinen Gulfhof ein. Hier ein Foto aus der Ostfriesenzeitung vom 29.3.2003 (Foto von Rainer Poets)
Artikel : Scheune endgültig mit lautem Getöse zusammengebrochen
2010 Im November stellt die Gemeinde den Abrissantrag für das Baudenkmal, dem aber nicht stattgegeben wird.
Anno 2010 viele Rettungsversuche
Im Jahr 2010 werden einige Versuche zur Rettung des Hauses unternommen. Dagegen steht die Absicht der Gemeinde das Haus komplett abzureißen. Es gibt die Idee für ein Jugendhaus und der Denkmalverein Anno Ostfriesland versucht zu vermitteln. Zeitweise gibt es auch Kaufinteressenten, nachdem die Gemeinde den Abriss verkündet.
Anno 2011 Lösung in Sicht
Die Gemeinde verhandelt mit einem Käufer. Am Ende kommt aber nach langen Verhandlungen wieder kein Verkauf zustande. Der Ärger in der Bevölkerung nimmt angesichts der Rattenplage rund um das Haus zu.
Anno 2013 - Meine Mauern haben 246 Jahre allen Stürmen getrotzt
doch ich stehe immer noch leer und bin teilweise stark beschädigt. Mein Dach ist undicht, alle meine Fenster sind zertrümmert und mit Holz verschraubt.
Meine hintere Fassade ist offen und es hängen noch Dachpfannen und Reste von der eingestürzten Scheune in der Luft. Die Wände sind feucht und beim letzten Sturm verlor ich noch mehr Dachpfannen. Ich sehe mein Ende kommen. Nur Jan Smidt, der Denkmalpfleger des Landkreis Aurich hält die Hand schützend über mich.
Im Januar 2014 verkündet Ortsvorsteher Reiner Wilms der Ostfriesen Zeitung das die Verkaufsverhandlungen voran kommen und eine Sanierung des Hauses erfolgen soll.
Die Gemeinde verkauft das Haus an meine neuen Besitzer und die möchten meine Geschichte fortschreiben. Das freut mich und ich bin guter Hoffnung. Hier weiter lesen Übergabe 2014
Anno 2017
Kommentar der Eigentümer:
Nun sind drei Jahre vergangen. Drei harte, aber auch wunderbare Jahre mit vielen Gesprächen rund um das Haus Mennenga. Denn jetzt wo es wieder lebt und schön wird, zeigt sich die Bedeutung für die Bewohner in Loquard,Rysum,Campen. Es ist unglaublich schön, immer wieder auf Menschen zu treffen, die von wunderbaren Erinnerungen an Ereignisse in diesem Haus erzählen.
Loquarder die zuvor den Abbruch forderten, weil es ihnen aussichtslos erschien, das man ein altes und kaputtes Haus wie dieses wieder zum Leben erwecken kann. Es ranken sich viele nette Geschichten um die Vorkriegszeit, die Kinozeit und "Grit". Denn viele Mitglieder des FC Loquard, der Feuerwehr und der Menschen aus dem Ort haben früher in der Gaststätte gefeiert. Einige Ehen sind dort beim Tanz entflammt und deren später Hochzeiten und Taufen wurden ebenso Grit Mennenga gefeiert.
Wir erfahren von den Abenden an denen es Musik gab und Musiker die dort gespielt haben, erzählen vom tollen Loquader Publikum. Es ranken sich auch Geschichten von so manchem Saufabend der Dorfjugend. Denen hatte Grete Mennenga ein Zimmer unter dem Dach vermietet. Dort traf man sich ein paar mal in der Woche. Und gerade diese Dorfjugend von damals geht uns hilfreich zur Hand und gehört nach drei Jahren zum Freundeskreis. Dankeschön!
Anno 2020 - Ein neuer Lebensabschnitt hat begonnen
Wenn Ihr wissen wollt, wie es weiter gegangen ist, dann dürft Ihr gerne in meinem Bautagebuch stöbern. Eines kann ich Euch liebe Leser derweil aber an dieser Stelle schon erzählen. In meinen Mauern im alten Saal befindet sich jetzt einen DTV 5-Sterne-Ferienwohnung. Die bisherigen Besucher verbrachten eine schöne Zeit in meinen gastlichen Mauern und erfreuten sich an mir.
Und wenn Ihr Zeit habt und auch einmal Urlaub in einem historischen Gebäude machen möchtet und wenn Ihr mich und meine Historie in Echtzeit erleben möchtet, dann könnt ihr gerne über die Buchungseite der Ferienwohnung einen Termin für einen Besuch in der Krummhörn buchen.
Meine Besitzerin lernt Ihr näher kennen, in der Massage Praxis Astrid Mull. Die Massagepraxis hier in Krummhörn Loquard ist seit 2023 Teil der alten Gaststätte Mennenga.
Historische Unterlagen
Historische Unterlagen und Nachweise erhielten wir vom Denkmalschutz Verein Anno. Vielen Dank für die Unterstützung durch Volkmar Kayser!